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Am 24.07.2006 gab es Ölalarm an der Göltzsch

 

Es war schon ein Wahnsinn, als  07.15 Uhr mein Telefon klingelte und mich der Bürgermeister von Lengenfeld über einen umgestürzten Tanklaster in Lengenfeld informierte. Der Bürgermeister von Lengenfeld ist Herr Bachmann, übrigens ein Spitze Mann, nicht nur dass er uns informiert hat, sondern er war auch den ganzen Tag vor Ort und hat mit Hand angelegt.
Ich denke wir haben ihm viel zu verdanken, das es nicht noch schlimmer wurde.

Am 15.08.06 wurden wir von Herrn Stiebert vom Regierungspräsidium Chemnitz, Abteilung Umwelt, Umweltfachbereich Plauen auf Grund einer Kleinen Anfrage im Landtag zur Stellungnahme aufgefordert: Dies haben wir getan und geben unsere Antwort hier Auszugsweise bekannt. Die IGFS ist darüber hinaus gerne bereit sich gegenüber der Fraktion, welche die kleine Anfrage gestellt haben, unmittelbar in einer vertraulichen Anhörung zu äußern.


  Frage von Herrn Siebert Antwort der IGFS

 
  • wo (Probenahmestellen) und wann erfolgten Gewässerüberwachungen
  • mit welchen Methoden und durch welches Labor erfolgten phys.-chem. Untersuchungen
  • Erfolgte eine Überwachung der „fließenden Welle“ oder beziehen sich die Untersuchungsergebnisse (20.000…35.000 CSB) auf Ablagerungen des eingetragenen Stoffes am Gewässerrand (Aussagen zu repräsentativer Probenahme)
  • Auf welcher Grundlage wurde die Aussage „Der Sauerstoff den das Gewässer benötigt um die hohe Schadstofffracht abzubauen ist in einem solchen Gewässer, wie der Göltzsch nicht vorhanden. Dieser Prozess wird Jahre dauern und dem Gewässer für alle Lebewesen den Sauerstoff nachhaltig entziehengetroffen (Behördlicherseits wurde am 02.08.2006 eine Sauerstoffsättigung von 86 % ermittelt).

 

  • Die IGFS hat ein Verzeichnis mit Lageplan aller ihrer Probeentnahmestellen, die Probeentnahmen sind ordnungsgemäß protokolliert.

  • Die Beprobung erfolgte gem. DVWK-Richtlinie nach DIN mit geeichten WTW-Geräten, die Beweissicherung entsprechend des vom SKF (Sachverständigenkuratorium Fischereiwissenschaft) festgelegten Prozedere durch einen zertifizierten Biochemiker und einen erfahrenen Fischereischadenssachverständigen.

  • Die Protokollierung gem. den Mustern der Bayr. Landesanstalt f. Wasserwirtschaft u. Wasserforschung und d. VDSF/LFVB.

  • Die 'Überwachung' erfolgte flächendeckend ab der Eintrittsstelle der Verunreinigung bis zum Ende der erkennbaren Auswirkungen, also von Lengenfeld Wehr Klopfer (oberhalb der Unfallstelle) bis nach Mylau Einlauf Friesenbach.

  • Die Beprobungen fanden sowohl während als auch nach dem Unfalltag statt. Unsere Aussagen wurden aufgrund der Auswertung der erfassten chemischen & physikalischen Messdaten und biologischen Erhebungen getroffen.

  • Da der Unfall bereits am frühen Morgen des 24.07.06 stattfand ist ihre Messung "86 % O² am 02.08.06" nicht näher kommentierungswürdig, die daraus hergeleitete Feststellung zu den Schadensfolgen ebenso wenig!


 
  • wo (Probenahmestellen), wann und durch wen erfolgten Untersuchungen zum Fischbestand

  • War die Fischereibehörde bzw. die Landesanstalt für Landwirtschaft (Ref. 63: Fischerei mit Sitz in Königswarth) in die Untersuchungen zum Fischbestand integriert.

  • Wieviel verendete Bestandsfische (Anzahl, Größe, Art) wurden geborgen und entsorgt

 

  • Auf das vorhandene Verzeichnis der Probestellen haben wir vorstehend hingewiesen, die Feststellungen zur Schädigung des Fischbestandes erfolgten ab dem Vormittag des Unfalltages und im Rahmen der Bergung der verendeten Fische (soweit wg. Abdriftung möglich), über die Dauer mehrerer Tage (lt. Einsatzliste) und wurden vom unserem beigezogenen Fischereisachverständigen protokolliert.

  • Über die Behördenzusammenarbeit - Integration der LfL - sind uns keine Informationen zugänglich. Nach Kenntnis der IGFS waren keine Bediensteten der Fischereibehörde vor Ort im Einsatz. Am Unfallort selbst waren am 24.08.06 neben Feuerwehr, Polizei und Einsatzkräften zum Beispiel Herr Bachmann - der Bürgermeister von Lengenfeld, Herr Leonhardt - der Havariemanager und Herr Wilde aus dem Landratsamt Oelsnitz.

  • Wir haben am Unfallstag über die Folgen (Fischsterben und weitere Auswirkungen auf Fauna und Flora, insbesondere der Makrosaprobien) informiert. Im Unfallprotokoll kann dies nachlesen werden.

  • Die IGFS hat ihre diesbezügliche fischereigesetzliche Meldepflicht ordnungsgemäß erfüllt.

  • Zusätzlich haben wir den Unfall in der Polizeidirektion Reichenbach beim Leiter Herrn Mittmann angezeigt bzw. nachgefragt.

  • Über die erfassten verendeten Fische gibt es ordnungsgemäße Aufzeichnungen und Beweisfotos.


 
  • wo (Probenahmestellen), wann und durch wen erfolgten Untersuchungen über „Makrosaprobien“
  • Auf welcher Grundlage wurde die Aussage „Fast alle Makrosaprobien sind auf der Strecke bis Mühlwand erstickt = per Saldo wurde die gesamte Nahrungskette nachhaltig unterbrochen, für die nächsten Jahre entsteht entweder ein Totalausfall bzw. ein erheblich Ausfall der Fischnahrung“ getroffen

 

  • Das ist unserer Dokumentation entnehmbar, die Probestellen sind in Lageplänen eingezeichnet, die Probeentnahmezeitpunkte den Protokollen entnehmbar.

  • Die Schädigung der Makrosaprobien war für jeden anwesenden Laien leicht erkennbar; untersucht und nach der Methode Laßleben-Huet bewertet hat das der von uns beigezogene Fischereischadens-sachverständige. Wir haben kurz nach dem Unfall tausende verendete Makrosaprobien nicht nur fotografiert sondern auch gefilmt. Des Weiteren wurden an den Folgetagen Gewässergrundproben bis Mylau, Einlauf Friesenbach entnommen. Die Ergebnisse sind ebenfalls protokolliert. Diese Aussage ist das Resümé der vorstehend erwähnten Makrosaprobienerfassung und -bewertung.


Hier nun unser Bericht zu den Ereignissen des Unfalltages:


  08:20 Uhr waren wir auch schon vor Ort, der Transporter sah schlimm aus. Wie konnte das passieren? Wahrscheinlich überhöhte Geschwindigkeit, so die Feuerwehr und die Polizei vor Ort. So sind an der Unfallstelle von ca. 24.500 Liter wohl 20.000 Liter Bioöl ausgelaufen und über den Straßeneinlauf in die Göltzsch geflossen.


Es waren 08:35 nur noch wenige Ölstellen im Fluss in der Stadt Lengenfeld zu sehen, klar denn der Unfall war schon 5:30 Uhr, die Welle war schon weiter stromabwärts gerollt.
09.00 waren wir dann ca. 3 km unterhalb der Unfallstelle, dort hatte die Feuerwehr Greiz schon ein Wehr „fast“ geschlossen, das hintere Walkmühlenwehr. Es war noch nichts vom Öl zu sehen, aber die Feuerwehr hatte den Überblick.

  09:12 Uhr ca. 100 m oberhalb der Ölsperre der Feuerwehr wurden die ersten Ölteppiche schon sichtbar. Das Bild verschlimmerte sich zusehends.  09:18 Uhr weitere 50 m Flussaufwärts schloss sich die Wasserfläche fast komplett mit Öl.  09:30 erreichte die Ölwelle Ihren Höhepunkt, ca. 6 cm dick war der Ölteppich angestiegen, eine Fettschicht in der Insekten keine Chance hatten und auch Enten völlig verklebt und erschöpft sich versuchten ans Ufer zu retten.


10:20 Uhr dauerte die Hochwelle von Öl immer noch an, auch der Bürgermeister Herr Bachmann informierte sich zu diesem Zeitpunkt ständig über den Stand der Lage.  11:40 Uhr war in etwa der Hochstand an der Ölsperre festzustellen, die Feuerwehr hatte alle Hände voll zu tun die Ölmengen abzupumpen. Festzustellen bleibt, dass die Organisation der Feuerwehr, Polizei und nicht zuletzt Herr Bachmann, der Bürgermeister von Lengenfeld hervorragend funktionierte.

  Es bleibt aber festzustellen, welche Schäden der Fluss genommen hat und weiter nehmen wird. Noch am Unfalltag um 18:30 Uhr und weitere Tage danach haben die Mitglieder der IGFSe.V. Kontrollen oberhalb und unterhalb der Unfallstelle durchgeführt und es war nicht nur ein vermehrtes Fischsterben von Fischbrut (ein- und zweisömmrigen Bachforellen) festzustellen.


 

Es wurde beginnend vom 24.07. an bis zum heutigen Tage umfangreiche Gewässersicherungskontrollen bzw. - maßnahmen durch die IGFS durchgeführt und dokumentiert. Folgende Ergebnisse: (Fotoserie siehe unten)

1.  Messungen und Wasserproben vom 24. und 26.07.06, haben gezeigt, das durch den Einfluss des Öles es zu einer direkten und über Jahre hin andauernden Belastung der Göltzsch geführt hat.

2.  Die Göltzsch hatte am Tag der Havarie mit einer Belastung von 20.000 bis 35.000 mg/l CSB (chemischer Sauerstoffbedarf ) zu kämpfen, der Grenzwert für Kläranlagen beträgt 150 mg/l, der Durchschnittswert der Göltzsch vor der Havarie ca. 70. Der Sauerstoff den das Gewässer benötigt um die hohe Schadstofffracht abzubauen ist in einem solchen Gewässer, wie der Göltzsch nicht vorhanden. Dieser Prozess wird Jahre dauern und dem Gewässer für alle Lebewesen den Sauerstoff nachhaltig entziehen. Es ist nicht auszuschließen, dass es zu nicht gewünschten chemischen Reaktionen, wie der Bildung von Ammoniak führt. Es wurden Öllachen und konterminiertes Gewässerufer und Gewässergrund von Lengenfeld bis Mühlwand festgestellt.

3.  Nach der Einleitung ist ein Fischsterben von Fischbrut auf der Strecke von Lengenfeld bis Mühlwand eingetreten, dieser hat zum Totalausfall der Fischbrut und bei Kleinfischen geführt (Forellen & Äschen, Ellritzen). Erforderlich sofort: Kompensationsbesatz Bachforellensömmerlinge und Äschensömmerlinge, Unersetzbar sind: Ellritzen.

4.  Durch die anhaltende Belastung des Gewässers wurden verendetet Bestandsfische festgestellt.

5.  Fast alle Makrosaprobien sind auf der Strecke bis Mühlwand erstickt = per Saldo wurde die gesamte Nahrungskette nachhaltig unterbrochen, für die nächsten Jahre entsteht entweder ein Totalausfall bzw. ein erheblich Ausfall der Fischnahrung.

6.  Komplettausfall von Krebsbrut

 


  Wir haben die nächsten Jahre noch mehr Arbeit, um aus der Göltzsch einen naturnahen Fluss mit einem natürlichen und endemischen Fischbestand zu entwickeln. Dieses Unglück hat uns wieder weit zurückgeworfen.

Dennoch unser Dank gilt allen, die mit Ihrer ganzen Kraft am Tag des Unfalles und an weiteren Einsätzen Hand angelegt haben, um die Auswirkungen der Katastrophe einzudemmen.

 


 Besonders aber:

 - Herr Bachmann, dem Bürgermeister von Lengenfeld
 - Herrn Leonhardt, dem Havariekommisar
 - allen Kameraden der Feuerwehr und der Poilzei vor Ort
 - allen fleißigen Helfern der Stadt Lengenfeld

 Dem Verunglückten der Spedition Lechner wünschen wir gute Besserung.


 Bilderserie


  Geldspenden bitten wir auf das
Konto: 307714264
Bankleitzahl: 86095604 bei der Volksbank Leipzig eG
mit dem Verwendungszweck: Ölalarm an der Göltzsch
einzuzahlen.

Mit freundlichen Grüßen

Lutz Glaser
Stellvertreter Vorsitzender der IGFS e.V.

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